In: IFP Voloblog, 26. Februar 2015
… bin kaum da, muss ich fort – das Gefühl kennen viele Volontäre nicht nur aus der Jukebox, sondern aus ihrem eigenen Leben. Alle paar Monate ein neuer Abschnitt in einer spannenden Großstadt – das ist aufregend. Und belastend zugleich.
Fünf Jahre – so lange hatte ich Jana nicht mehr gesehen. Als ich dann im vergangenen Herbst in die Hauptstadt kam, hatten wir uns logischerweise viel zu erzählen. Genauso war es bei Esad, meinem früheren Mitbewohner aus Trier, oder bei Christian, einem Freund und Journalisten-Kollegen: Gute alte Freunde, die ich wiedersehen konnte.
Mein Volontariat bei der KNA hat mir viele Ortswechsel ermöglicht. Ich zog von Trier nach Bonn, ein halbes Jahr später ging es zum Münchner Büro, danach für ein Praktikum nach Hamburg und im September 2014 dann zum Berliner Hauptstadtbüro der KNA. Und jetzt, im März, ist es wieder so weit –ich kehre zurück nach Bonn, in die Zentrale.
Als ich an meinem letzten Wochenende in der Hauptstadt mit Freunden zusammensitze, werde ich sentimental. Ein paar Gläser Rotwein mögen dazu beigetragen haben – jedenfalls muss ich an das alte Lied von Hannes Wader denken:
Heute hier, morgen dort
bin kaum da, muss ich fort,
hab‘ mich niemals deswegen beklagt.
Hab es selbst so gewählt,
nie die Jahre gezählt,
nie nach gestern und morgen gefragt.
Ja, auch ich kann ein Liedchen singen vom entwurzelten Dasein. Fünf, sechs Monate, länger bin ich in keiner Stadt geblieben. Das reicht aus, um einen guten Eindruck zu bekommen, das Wichtigste zu sehen, die schönsten Ecken abzuklappern. Doch die Menschen, die ich treffe – ob alte Freunde oder neue Bekannte – muss ich nach kurzer Zeit wieder verlassen. Immer dann, wenn ich mich gerade eingelebt habe, kommt die Zeit des Abschieds.
Es sind nicht nur gute Freunde, die ich in diesen Städten treffe. Die sozialen Netzwerke machen es möglich, dass man überall ganz schnell und einfach Anschluss findet (im Rheinland geht man dazu einfach in die Kneipe nebenan). In München oder Berlin hilft Facebook mit Gruppen wie „Neu in Berlin“. Gelegentlich gehe ich zu Treffen von Neuberlinern, immer in einer anderen Kneipe, immer mit spannenden Menschen aus allen möglichen Ländern. Doch so anregend die Gespräche dort sein mögen – die Aussage des Liedes trifft bei dieser Art von Netzwerken voll und ganz zu:
Dass man mich kaum vermisst,
schon nach Tagen vergisst,
wenn ich längst wieder anderswo bin
stört und kümmert mich nicht
vielleicht bleibt mein Gesicht
doch dem ein oder andern im Sinn.
Damit kann ich gut umgehen; die Flüchtigkeit solcher Begegnungen ist jedem Anwesenden bewusst. Die Bekanntschaften aus den sozialen Netzwerken sind nicht kriegsentscheidend. Was aber schmerzt, ist die erneute Trennung von den echten Freunden, alten – etwa Jana und Esad – sowie neuen – etwa Tarik und Audrey. Ihnen werde ich, das weiß ich, im Sinn bleiben.
Von der Mosel an den Rhein, vom Rhein an die Isar, von der Isar an die Alster, von der Alster an die Spree, von der Spree an den Rhein. So viele Orte, so viele Begegnungen. Das ist ein Privileg, das ist eine wunderbare Erfahrung. Beruflich, aber eben auch privat.
So vergeht Jahr um Jahr
und es ist mir längst klar,
dass nichts bleibt, dass nichts bleibt,
wie es war.
Die letzte Woche in Berlin. Noch ein Mal schnüre ich nach der Arbeit die Laufschuhe und jogge an der Spree entlang. Hell erleuchtet ziehen die Bundestagsgebäude, das Kanzleramt, das Schloss Bellevue an mir vorüber. Nun ist es also wieder Zeit, zu gehen. Noch einmal schnuppere ich die kalte Berliner Abendluft, denke zurück an die schöne Zeit.
Mit gemischten Gefühlen packe ich also meine Koffer und kehre zurück ins Rheinland. Mit einem weinenden Auge, aber auch mit einem lachenden, denn da ist ja auch die Wiedersehensfreude: Ich treffe viele Freunde wieder, und die Kollegen in Bonn haben bereits einen Kegelabend organisiert, sie freuen sich auf meine Rückkehr.
Ein Abschnitt meines Volontariats endet, ein neuer beginnt. Nichts bleibt, wie es war – und doch bleibt die Gewissheit, dass sich wahre Freundschaften auch von großen Distanzen nicht erschüttern lassen.
Sie bleiben bestehen.