Berliner Kommunikationsmuseum beleuchtet Geschichte der Globalisierung
In: Südwest Presse, 9. Oktober 2014
Von Michael Merten (KNA)
Es beginnt mit Jules Verne und für bis zur Globalisierung: Das Museum für Kommunikation Berlin spürt der Verwandlung der Welt nach.
„Die Erde ist kleiner geworden, weil wir sie heute zehn Mal schneller umrunden können als noch vor 100 Jahren.“
Der Satz von Phileas Fogg klingt vertraut, und doch ist er 142 Jahre alt. Damals sorgten Eisenbahn, Postdampfer und Telegraf für eine Revolution des Alltags. Mit der Sonderausstellung „In 80 Dingen um die Welt“ blickt das Berliner Museum für Kommunikation auf die erste Globalisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Es ist auch ein Wandeln auf den Spuren von Jules Verne, dessen berühmtester Roman „In 80 Tagen um die Welt“ zum Namen inspirierte. Der Untertitel klingt etwas reißerisch „Der Jules-Verne-Code“, doch das Museum hat eine anspruchsvolle Schau zusammengestellt. Die Handlung aus Vernes Roman wird dabei eng mit der Geschichte des eigenen Hauses verwoben.
1872 gründete Generalpostdirektor Heinrich von Stephan das Reichspostmuseum, den Vorläufer des heutigen Hauses. Im selben Jahr begann Verne in Paris die Arbeiten an dem Buch, dessen spleeniger Protagonist Sir Phileas Fogg es zu einem Weltbestseller machen sollte.
Kurator Joachim Baur hat den Romanhelden mit Bedacht zur Leitfigur der Ausstellung gemacht: „Mit dem exzentrischen Milliardär hat Verne der Globalisierung ein Gesicht gegeben.“ Der Besucher wird in einem Salon empfangen, der einem Gentlemen-Club nachempfunden ist. Zu sehen sind Weltkarten, Postkarten, originale Notizen Vernes und Einrichtungsgegenstände, etwa ein Globus des Schriftstellers aus dem Jahr 1888.
80 Exponate bringen die Welt des Reisens im 19. Jahrhundert näher
„Verne war mit seinem Denken und Handeln voll auf der Höhe der Zeit“, erklärt Baur. Die Anregungen für seine Romane nahm er aus Zeitungsberichten einer Welt, in der alles immer schneller, höher und weiter wurde. Unterseekabel verbanden Kontinente miteinander, Bauprogramme wie der Suez-Kanal wurden immer gigantischer.
So verdeutlichen im Hauptbereich 80 Exponate das damalige Reisen, die Vermessung, Vernetzung und Beschleunigung der Welt. Sie folgen den Stationen Foggs, der von London über Paris, Suez, Bombay, Yokohama, San Francisco und New York wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrte. Die breite Auswahl reicht vom Reiseschreibtisch über den Gehstock mit integriertem Kompass bis zum einem Stück des 3000 Kilometer langen Unterseekabels von Europa nach Amerika.
Trotz aller Beschleunigung: Die Ausstellung setzt einen Kontrapunkt zu jener Welt, die sie beleuchtet. Multimediale Elemente werden behutsam eingesetzt. Die Erklärtafeln sind gut lesbar. Und der Versuchung, die Schau als technische Touch- und Screenshow anzulegen, haben die Macher widerstanden.
Trotzdem wurde hier die Chance vertan, einen Bogen zu spannen. Zu ergründen, wie jene erste verheißungsvolle Globalisierung des 19. Jahrhunderts zu einer Bedrohung im 21. wurde. Und wie wenig von jener Begeisterung für das Technische, jenem Aufbruch ins Grenzenlose übrig blieb.