Blutiger Friedensfürst

Vor 2.000 Jahren starb mit Augustus der erste Kaiser Roms

In: KNA-Journal, 15. Juli 2014
Von Michael Merten (KNA)

Seine 44 Jahre Herrschaft brachten dem römischen Reich eine beispiellose Phase der Stabilität. Doch an den Händen des Friedensbringers klebte Blut. Vor 2.000 Jahren, am 19. August 14 nach Christus, starb mit Augustus der erste Kaiser Roms – nach einem phänomenalen Aufstieg, der 60 Jahre zuvor begann.

München (KNA)  Mit einem Attentat hatte Gaius Julius Caesar nicht gerechnet. Erst recht nicht im Senat, den er unter seiner Kontrolle geglaubt hatte. Die Dolchstöße der Verschwörer setzten dem Leben des Diktators 44 vor Christus ein Ende. Sein Name aber überlebte.

Denn Caesar hatte die Begabung seines 19-Jährigen Großneffen namens Octavian erkannt und ihn adoptiert. In den Wirren nach dem Attentat blieben dem militärischen Lehrling zwei Möglichkeiten: Er hätte das Erbe ausschlagen und im Hintergrund bleiben können. Octavian traf die riskantere Wahl. Er nannte sich fortan Caesar und mischte in der großen Politik mit.
Blutjung, aber „eisern entschlossen“
 Octavian sei zwar blutjung gewesen, „aber eisern entschlossen, zu überleben und seinen Kontrahenten das Grab zu schaufeln“, schreibt der Althistoriker Werner Dahlheim in seiner Biografie „Augustus. Aufrührer, Herrscher, Heiland“. Der kühl Kalkulierende verbündete sich mit Caesars Feldherrn Marcus Antonius und dem blassen Lepidus zu einem Dreibund mit diktatorischen Vollmachten.
Sie besiegten die Verschwörer um Brutus. Auch andere Gegner, etwa Cicero, und eine große Zahl unbeteiligter, aber reicher Bürger ließen sie töten. Die brüchige Allianz zerfiel zusehends, bis Octavian schließlich auch seinen letzten Widersacher besiegte. Vor Actium schaltete er 31 vor Christus Antonius und die Flotte der ägyptischen Königin Cleopatra aus, mit der sich Antonius verbündet und verbandelt hatte.
Der Weg war frei für die Alleinherrschaft, den sogenannten Prinzipat. Offiziell ließ Octavian die alten, republikanischen Ämter und Titel aufleben. Faktisch hielt allein er die Zügel der Macht in seinen Händen. Aus dem Bürgerkrieg und den Ruinen der Republik führte er Rom in die Monarchie. Der Senat verlieh ihm den Ehrennamen Augustus, der Erhabene.
Auf die innere Stabilität folgte – zumindest in der offiziellen Propaganda – die Zeit des Augusteischen Friedens. „Und diese pax Augusta war doch auch ein blutiger Friede“, bilanziert Karl Christ in seiner „Geschichte der Römischen Kaiserzeit“. Denn Augustus verfolgte Oppositionelle und verfügte Massenhinrichtungen, etwa an 300 Zivi-listen in Perugia.
Und auch der friedvolle Augustus dehnte das Reich militärisch weiter aus. Stets kal-kulierend und abwägend, ließ er sich zumindest nicht auf Abenteuer ein. Den von Caesar geplanten gigantischen Kriegszug gegen die Parther in Mesopotamien vermied er mit kluger Diplomatie.
Der Verstorbene wird vergöttlicht
„Roms Friede war mit der Herrschaft über den Erdkreis identisch“, erklärt Dahlheim. Und da die Geburt Christi in seine Regentschaft fiel, waren es christliche Autoren, die das verklärten. So notierte im 5. Jahrhundert der christliche Chronist Orosius, dass der Kaiser seiner Welt den Frieden gebracht habe, als der Heiland auf die Welt kam.
In der Weihnachtsgeschichte nach Lukas verkünden Engel den Frieden auf Erden. Dieses Motiv, einschließlich der beteiligten Hirten, findet sich schon bei nichtchristlichen Autoren. Vergil etwa verhieß dem neugeborenen Octavian – der freilich zu diesem Zeitpunkt längst erwachsen war – eine große Zukunft: „Den befriedeten Erdkreis wird er mit den Tugenden des Vaters regieren.“
Im Winter seiner Herrschaft erlitt dieser Vater des Vaterlands seine verheerendste Niederlage. Im Jahre 9 metzelten die Germanen um Arminius drei römische Legionen nieder. Fünf Jahre später starb Augustus im Alter von 76 Jahren.
Der Senat erklärte den Verstorbenen umgehend zum Gott. „Der einstige Hochverräter und Aufrührer verwandelte sich in den von den Göttern erwählten zweiten Gründer Roms“, bilanziert Dahlheim. Noch 2.000 Jahre später ist jener Monat, in dem er sein erstes Konsulat antrat, nach ihm benannt.
Foto: „Augustus as pontifex maximus“ by Unknown – Santo Attilio, Augusto, Milano 1902. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Augustus_as_pontifex_maximus.jpg#/media/File:Augustus_as_pontifex_maximus.jpg

Veröffentlicht von

Michael Merten

Journalist in der Großregion Trier-Luxemburg.