Ein Konservatorium für die ganze Nordstad

In: Hex16, Winter 2018/19 – Das offizielle Magazin der luxemburgischen Nordstad

Mit seinen beiden Standorten in Ettelbruck und Diekirch hat sich das Conservatoire de musique du Nord als wichtige Anlaufstelle der Musik, des Tanzes und des Theaters für Nordstadt und Ösling etabliert. Seit September hat Adrien Théato den langjährigen Direktor Marc Jacoby abgelöst.

Gute Laune und reges Treiben herrscht auf den Fluren des Centre des Arts Pluriels Ed.Juncker (CAPE), in dem das Konservatorium in Ettelbruck untergebracht ist. Kinder kommen und gehen, unterhalten sich miteinander, einige legen ihren Instrumentenkoffer in die Ecke und spielen noch einmal auf dem Hof, bevor die Kurse beginnen und Konzentration angesagt ist. Auch drinnen, im Konzertsaal des Hauses, ist die Stimmung ausgelassen, als sich der neue und der alte Hausherr begegnen. Für den Hex-Fototermin spielt Direktor Adrien Théato spontan auf dem edlen Steinway-Flügel; sein Vorgänger Marc Jacoby, ein passionierter Violinist, hat seine Geige aber nicht zur Hand. So spielt er kurzerhand auf einer eingebildeten „Luftgeige“ – die beiden Musiker müssen lachen, sie haben sichtlich Spaß.

Seit dem 1. September 2018 ist der ausgebildete Organist Théato, der 20 Jahre lang die Ecole Régionale de Musique de la Ville de Dudelange geleitet hatte, alleiniger Direktor des CMNord. Zuvor bildete er ein Jahr lang eine Doppelspitze mit Jacoby, der ganze 39 Jahre lang Leiter der Ettelbrucker Musikschule war – und 2003 Gründungsdirektor des Konservatoriums beider Gemeinden wurde.

„In beiden Städten ist der Musikunterricht seit mehr als einem Jahrhundert verwurzelt“, erzählt Jacoby. 1854 begann es in Ettelbruck, 1893 in Diekirch. Bereits 1970 versuchte der damalige Bürgermeister Ed Juncker als Präsident der Überwachungskommission der Ettelbrucker Musikschule, eine engere Zusammenarbeit mit Diekirch zu verwirklichen. Doch die Zeit war noch nicht reif, es scheiterte an organisatorischen Schwierigkeiten. 1979 wurde dann Marc Jacoby Leiter der Ettelbrucker Musikschule, die sich mittlerweile „Conservatoire de Musique“ nannte. Mit den verantwortlichen Politikern aus den beiden Gemeinden startete er um in den 90er Jahren einen neuen Versuch.

„Wir haben ganz schön gerungen um diese gemeinsame Schule. Doch ich habe trotz aller Differenzen den Willen gespürt, die Fusion umzusetzen“, berichtet Jacoby. Im Vorfeld habe es bei manchen Beteiligten Skepsis und Konkurrenzdenken gegeben. Einige Musikgesellschaften hätten befürchtet, dass die Ausbildung des eigenen Nachwuchses am künftigen Konservatorium nicht mehr stattfinden könne, doch diese Befürchtungen habe man zerstreuen können. 2002 wurden schließlich mit einem interkommunalen Syndikat der beiden Gemeinden die Grundlagen dafür geschaffen, dass die beiden Schulen 2003 zum Conservatoire de Musique du Nord vereint werden konnten.

„Ich denke, das Conservatoire hat sowohl in Diekirch als auch in Ettelbruck eine hohe Akpeptanz“, sagt Théato. Auch mit anderen Gemeinden der Nordstadt gebe es Kooperationen, zum Teil schon jetzt mit einem Unterrichtsangebot „vor Ort“. Der Direktor sieht die Schule als Vorbild: „Sie ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Nordstadt funktionieren kann. Wir arbeiten mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus allen Orten zusammen und wollen das Konservatorium der ganzen Nordstadt sein. Deshalb legt das CMNord auch einen großen Wert auf die Zusammenarbeit mit den lokalen Vereinen, den Structures d’accueil, der école fondamentale und den Sekundarschulen der Nordstad.“

Bis zu 20 Stunden pro Woche übt mancher Schüler zu Hause

Besonders begabte Schülerinnen und Schüler sind jeden Tag am Konservatorium und üben zusätzlich zu Hause noch 15 bis 20 Stunden pro Woche – das sei ähnlich wie bei Leistungssportlern, so der Leiter. Die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler komme jedoch nur zwei Mal pro Woche. Die Ausbildung und Förderung des talentierten Nachwuchses sei zwar wichtig für das Konservatorium, doch das Haus sei nicht elitär, betont Théato: „Die Basisausbildung ist und bleibt ein Hauptgeschäft.“

Im laufenden Schuljahr werden am CMNord rund 1.500 Schülerinnen und Schüler von rund 70 Lehrkräften unterrichtet. „Damit stehen wir nach dem Conservatoire der Stadt Luxemburg landesweit an zweiter Stelle“, sagt Théato. Es gibt ein großes Angebot an Kursen in Instrumenten, Gesang und musikalischer Kultur. Besonders stolz ist das Conservatoire auf seine von Jacoby eingeführete „Chouerschoul“, die seit 2003 für viele Schüler den Beginn einer außergewöhnlichen Erfahrung mit Musik bietet. Rund 10 Prozent der Schüler sind Erwachsene. Im laufenden Schuljahr wurde ein Ausbildungszweig für Jugendliche geschaffen, die noch nie in Kontakt mit Musik waren.

Der Direktor sieht das Spannungsfeld zwischen Konservation und Innovation als bereichernd an. „Wir haben die Mission, unsere Kultur, unsere jahrhundertelange Tradition zu konservieren. Aber wir sind sicher keine Schule, die nach gestern ausgerichtet ist. Unsere Methoden sind sehr modern, wir probieren neue Konzepte aus und stellen den Schüler in den Mittelpunkt.“

Info:
Site Diekirch: Place Wirtgen L-9293 Diekirch, tél. 80 31 15 -20, fax 80 27 06
Site Ettelbruck: 1, Place Marie-Adelaïde L-9063 Ettelbruck, Tél. 26 81 26 – 1, fax 26 81 26 – 201
www.cmnord.lu        facebook.com/CMduNord

Veröffentlicht von

Michael Merten

Journalist in der Großregion Trier-Luxemburg.